Herzinsuffizienz – Wichtige Tipps zu Vorbeugung und Behandlung

Herzinsuffizienz – Wichtige Tipps zu Vorbeugung und Behandlung

Jede zehnte Person über 75 Jahren leidet in Deutschland an einer Herzschwäche. Obwohl alle Formen der Erkrankung heute als gut behandelbar gelten, sollte eine Therapie grundsätzlich erst nach einer guten, ausgefeilten Diagnostik beginnen.

Das sagt die Professorin Birgit Aßmus im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog. Sie leitet die Sektion Herzinsuffizienz an der Klinik für Kardiologie/Angiologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Gießen.

„In den vergangenen Jahren ist es uns gelungen, hier am Klinikum einen Schwerpunkt auf das Thema Herzschwäche zu legen“, sagt sie: „Hierzu gehört zum Beispiel, dass wir eine eigene „Herzschwäche-Einheit“ sowie eine „Herzschwäche-Sprechstunde“ unterhalten und von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie als „Überregionales Zentrum für Herzschwäche“ zertifiziert sind.

An der Klinik werden alle Möglichkeiten der modernen Herzschwäche-Therapie angeboten, inklusive der Herzchirurgie. Mit niedergelassenen Kolleg:innen und weiteren Kliniken hat Birgit Aßmus zudem das Herzinsuffizienz-Netzwerk Hessen gegründet, das sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen mit Herzschwäche bestmöglich zu helfen, und zwar auf allen medizinischen Ebenen.

Im Gespräch erklärt die Ärztin, was eine Herzinsuffizienz überhaupt ist, wie man sie erkennt – und wie man ihr auch anhand von Impfungen indirekt vorbeugen kann.

Frau Prof. Aßmus, welche Patient:innen leidet unter einer Herzschwäche?

Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, ist eine weit verbreitete Erkrankung, wobei überwiegend ältere Menschen betroffen sind. Im Mittel sind Patient:innen 78 Jahre alt. In jüngeren Jahren sind Männer stärker betroffen, aber mit zunehmendem Alter holen Frauen dann stark auf.

Woran erkennt man denn, dass man an einer Herzinsuffizienz leidet? 

Das Problem ist, dass man die Symptome im Alltag oftmals nicht gut erkennt. Die Herzschwäche beginnt also oftmals sehr schleichend, und über Wochen hinweg. Angekündigt wird sie oftmals von zunehmender Atemnot, bei Belastung wie etwa dem Treppensteigen. Ganz allgemein nimmt die Leistungsfähigkeit ab, und es tritt häufig eine Abgeschlagenheit und Müdigkeit auf. Häufig gibt es auch Anzeichen für Wassereinlagerung, demzufolge Schwellungen an Knöcheln und Unterschenkeln. Wichtig fürs Erkennen der Erkrankung ist also, dass man gewisse Einbußen der Leistungsfähigkeit nicht einfach nur dem Alter zuschreibt, sondern das Problem medizinisch abklären lässt.

Wer ist in der Regel der erste Ansprechpartner für Betroffene?

Wenn die Symptome langsam und schleichend auftreten, ist meistens die Hausärztin oder der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Sie oder er kann dann bei einer körperlichen Untersuchung oder einem Bluttest erste Hinweise auf eine Herzschwäche erhärten – oder auch andere Ursachen finden. Oftmals leitet sie oder er die betroffenen Menschen dann weiter zu Herz-Fachleuten, der Kardiologie. Wenn die Symptome allerdings akut auftreten, also innerhalb weniger Stunden oder Tage, ist es sinnvoll, direkt in die Klinik zu kommen. Tritt akute und beängstigend starke Luftnot auf, sollte der Notarzt gerufen werden.

Wenn sich jemand bei Ihnen in der Klinik vorstellt: Was erwartet sie oder ihn dann hier?

Wir fragen zunächst einmal die genaue Vorgeschichte der Erkrankung ab und wollen den zeitlichen Verlauf der Symptome genauer kennenlernen. Zudem ist es für uns wichtig, Risikofaktoren zu kennen, wie etwa hohen Blutdruck oder eine Blutzucker-Erkrankung. Zudem kann es für uns hilfreich sein, die etwaige familiäre Vorgeschichte der Erkrankung besser kennenzulernen. Als weitergehende Untersuchung machen wir dann ein EKG, um eventuelle Hinweise auf Herzrhythmusstörungen, einen alten Herzinfarkt oder eine Herzmuskelentzündung zu erlangen. Ganz zentral ist darüber hinaus eine Herz-Ultraschall-Untersuchung.

Zu welchem Zweck?

Anhand dieser kann man nicht nur sehen, ob der/die Patient:in eine Herzschwäche hat, sondern auch, welche Form der Herzschwäche vorliegt.

Welche Formen gibt es da?

Zunächst einmal die sogenannte systolische Herzschwäche, oder auch das direkte Pumpversagen des Herzens. Dieses tritt oftmals als Folge eines Herzinfarktes auf und ist dann von Durchblutungsstörungen gekennzeichnet, oder es ist eine Folge von einer teilweise unerkannt verlaufenden Herzmuskelentzündung. Zum Zweiten gibt es das sogenannte Füllungsversagen des Herzens, auch diastolische Herzschwäche genannt. Hier ist der Herzmuskel oftmals zu steif und kann sich nicht ausreichend entspannen.

Und welche Auswirkungen hat das?

Beide Formen der Erkrankung führen dazu, dass dem Körper nicht mehr ausreichend Blutvolumen zur Verfügung gestellt wird. Das Herz bewegt als zu wenig Blut. Im Körper ist dann zu wenig Sauerstoff vorhanden. Aber auch wichtige Nährstoffe, die den Organen des Körpers Energie liefern, fehlen. Ein weiteres Problem ist der Rückstau von Blut, der sich ergibt, wenn dieses nicht richtig weitergepumpt wird. Das kann sich in der vorhin schon angesprochenen Luftnot oder Schwellungen an den Unterschenkeln äußern. Insgesamt liegt bei Herzschwäche also oftmals ein „Vorwärts“- und ein „Rückwärts“-Versagen vor.

Können Sie betroffenen trotzdem Mut machen, was die Effektivität einer Therapie angeht?

Ja. Grundsätzlich können wir die Herzinsuffizienz mittlerweile sehr gut behandeln, leider allerdings in den meisten Fällen nicht heilen. Bei einer akuten Herzmuskelentzündung hingegen kann die Chance auf eine folgenlose Ausheilung durchaus bestehen.

Wie behandelt man eine Herzschwäche denn?

Indem man die Ursachen behandelt, um eine möglichst optimale Durchblutung des Herzmuskels zu gewährleisten. Bluthochdruck sollte gut kontrolliert werden, denn dieser ist nicht nur die Ursache für einen Herzinfarkt, sondern auch für die diastolische Herzschwäche. Daneben ist auch die effektive Behandlung einer Zuckererkrankung wichtig. Einfach weil der Diabetes alle Gefäße, also auch die Herzkranzgefäße, angreift – und auch zu einem Füllungsversagen des Herzens führen kann. Weitere Erkrankungen, wie Herzrhythmusstörungen und Herzklappenerkrankungen, können bei Fortschreiten zu einer Herzschwäche führen. Wichtig ist aber auch zu betonen, dass diese Erkrankungen gut behandelbar sind.

Wie gehen Sie da Schritt für Schritt vor?

Leidet der/die Patient:in an einem schwachen Herzmuskel, der systolischen Herzschwäche (Pumpversagen), sprechen wir von einer medikamentösen Therapie, die heutzutage mindestens vier verschiedene Substanzen umfasst. Sie alle haben verschiedene „Angriffspunkte“ am Herzen. Und sie alle können erwiesenermaßen die Sterblichkeit an Herzschwäche verringern. Sollte diese Basis-Therapie nicht ausreichen, gibt es weitere Medikamente. Zudem gibt es spezielle Herzschrittmacher-Therapien und implantierbare Defibrillatoren.

Und bei der diastolischen Herzschwäche?

Hier gibt es erst seit Kurzem Medikamente, die schon unter Beweis gestellt haben, dass sie das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt und eine Verschlechterung der Herzschwäche deutlich reduzieren können.

Kann man einer Herzschwäche eigentlich gezielt vorbeugen?

Ja, anhand eines gesunden Lebensstils. Das heißt, dass körperliche Aktivität eine große Rolle im Alltag spielen sollte. Zudem sollte Übergewicht vermieden werden, was auch mit Hilfe gesunder Ernährung gelingen kann. Ich kann empfehlen, Treppen zu steigen statt den Fahrstuhl zu nehmen und sich, wie gesagt, regelmäßig körperlich zu belasten. Daneben ist natürlich wichtig, Risikofaktoren möglichst frühzeitig zu behandeln. Da wären hauptsächlich Bluthochdruck und Blutzucker-Erkrankungen. Und aus aktuellem Anlass kann man auch darauf verweisen, dass man anhand der richtigen Impfungen einer Herzschwäche vorbeugen kann. Nicht nur Corona kann eine Herzmuskel-Entzündung hervorrufen, sondern auch die klassische Grippe, die Influenza. Wer sich gegen diese impfen lässt, kann sein Risiko, an einer Herzschwäche zu erkranken, reduzieren.

 

 

Ihre Expertin für Herzinsuffizienz:
Prof. Birgit Aßmus
Leiterin Sektion Herzinsuffizienz
Klinik für Kardiologie/Angiologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Gießen