Wie man Bluthochdruck den Kampf ansagt

Wie man Bluthochdruck den Kampf ansagt

Bluthochdruck, auch unter dem Fachbegriff Hypertonie bekannt, ist meistens eine Wohlstandskrankheit und Volkskrankheit, sagt Professor Dr. Joachim Hoyer, Direktor der Klinik für Innere Medizin, Nephrologie und Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg. Als Spezialist für Nierenerkrankungen und Bluthochdruck hilft er seinen Patienten, mit der oft chronisch verlaufenden Krankheit umzugehen und sie effektiv zu behandeln. Im Interview mit dem RHÖN-Gesundheitsblog benennt er Hauptrisikofaktoren, beschreibt die vielversprechende Therapie und erklärt, warum er seinen Patienten ein gelegentliches Glas Rotwein nicht ausreden will.

Herr Professor Hoyer, warum ist Bluthochdruck eigentlich gefährlich?

Das Gefährliche ist, dass Betroffene meist nichts von ihrem hohen Blutdruck und geschädigten Gefäßen merken. Aus einer solchen Arteriosklerose und der schlechten Durchblutung ergeben sich allerdings die Hauptfolgeschäden, die dann, im Gegensatz zum Bluthochdruck an sich, wirklich Schmerzen hervorrufen können und schwerwiegend sind.

Welche Folgeschäden sind das?

Zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und Augenschädigungen. Diese Schäden entstehen bei jahrelangem Bluthochdruck mit großer Sicherheit. Und deswegen wird Hypertonie in der Medizin weltweit als größter sogenannter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten angesehen. Das darf man nicht unterschätzen.

Was passiert mit dem Körper bei Bluthochdruck?

Die Gefäße von Betroffenen stehen über eine lange Zeit hinweg sehr unter Druck und können sich in den Ruhephasen nicht mehr erholen. Das bedeutet für den Patienten, dass es über Jahre hinweg zu einer Schädigung der Gefäßwand kommt. Die Blutgefäße versuchen, diesem dauerhaften Druck standzuhalten und verändern die Architektur der Gefäßwand, werden starrer und verkalken leichter. Es entsteht also leichter eine Arteriosklerose.

Woran erkennt man, dass man selbst unter Bluthochdruck leidet?

Die Krankheit verläuft bei leichten und mittelgradigen Hypertonien lange Zeit asymptomatisch, also ohne dass der Patient etwas von ihr merkt. Bei sehr hohem Blutdruck kann es allerdings vorkommen, dass jemand zum Arzt kommt und über immer wieder auftretende chronische Kopfschmerzen klagt, oder über Sehstörungen, Herzbeschwerden und Luftnot.

Kann man ungefähr abschätzen, wie viele Menschen an Bluthochdruck leiden?

Man kann davon ausgehen, dass es in Deutschland 20 Millionen hypertoniekranke Menschen gibt. Der Bluthochdruck zählt zusammen mit dem Diabetes mellitus zu den großen Volkskrankheiten in den westlichen Industrieländern.

Und die meisten wissen tatsächlich nichts von ihrer Krankheit?

Das ist besser geworden. Früher gab es die sogenannte 50-Prozent-Regel: 50 Prozent wissen von ihrer Krankheit, 50 Prozent unter diesen werden behandelt, und weitere 50 Prozent von diesen erreichen wieder einen normalen Blutdruck. Mittlerweile kann man davon ausgehen, dass schon rund drei Viertel der Menschen von ihrem Bluthochdruck wissen. Von diesen werden drei Viertel medizinisch behandelt, und wiederum zwei Drittel effektiv. Das heißt: Bei diesen werden die Blutdruckwerte erfolgreich gesenkt.

Wenn jemand mit Bluthochdruck zu Ihnen kommt, können Sie ihm grundsätzlich Mut machen? Schlägt die Behandlung bei den meisten Patienten an?

Die Hypertonie-Behandlung kann sehr effektiv sein, das Problem ist nur: Sie muss in der Regel wirklich dauerhaft sein. Sie kann über die Jahre allerdings in ihrer notwendigen Intensität variieren und auch reduziert werden. Einige Patienten müssen irgendwann überhaupt nicht mehr behandelt werden, wenn sie ihre sogenannten Risikofaktoren gut in den Griff bekommen.

Welche Risikofaktoren sind das?

Ganz klar Rauchen und Übergewicht. Wer sein Übergewicht reduzieren kann, reduziert sein Bluthochdruck-Problem. Und wer sein Gewicht wirklich normalisiert hat, hat gute Chancen, den Bluthochdruck loszuwerden. Es sei denn, er besteht schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Wichtig für Patienten ist auch eine gewisse körperliche Aktivität und die Einschränkung des Alkoholkonsums.

Also kein kompletter Verzicht auf Alkohol?

Nicht unbedingt. Ein gutes Glas Rotwein zwei oder drei Mal pro Woche kann Teil einer gesunden mediterranen Ernährung sein, die ich meinen Patienten mit Bluthochdruck gerne empfehle. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass übermäßig strenge Regeln Menschen nur unnötig verschrecken. Einzig, im Hinblick auf das Rauchen als Risikofaktor hilft nur konsequentes Aufhören, dazu gibt es wirklich keine Alternative.

Würden Sie die medikamentöse Therapie grundsätzlich als effektiv bezeichnen?

Ja, es gibt mittlerweile sehr gute Bluthochdruckmittel, die wenig Nebenwirkungen haben. Daneben ist allerdings die aktive Beteiligung des Patienten an der Therapie gefragt. Also, wie gesagt: Übergewicht in den Griff kriegen und das Rauchen einstellen!

 

Joachim Hoyer, UKGM

Ihr Experte für Bluthochdruck:

Professor Dr. Joachim Hoyer
Direktor der Klinik für Innere Medizin, Nephrologie und Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg