Zentrale Notaufnahme – „Leben retten“ als Teamarbeit

Zentrale Notaufnahme – „Leben retten“ als Teamarbeit

Die Zentrale Notaufnahme (ZNA) ist die Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Medizin und somit eines der Herzstücke des Gesundheits-Campus Klinikum Frankfurt (Oder). Hier kümmern sich Ärztinnen und Ärzte verschiedenster Disziplinen sowie Pflegekräfte um all jene Personen, die besonders schnelle Hilfe brauchen. Zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall, einer Blutvergiftung oder nach schwersten Unfällen.

Dr. Ulrike von Arnim ist Chefärztin der Zentralen Notaufnahme. Die große Herausforderung hier ist es, aus den Symptomen der Betroffenen schnell und verlässlich eine Diagnose abzuleiten, sagt sie. Denn diese sei schließlich die Grundlage für die darauf folgende erfolgreiche Behandlung.

Teil des Gesamtkonzepts ist es, dass die Notaufnahme nicht nach Fachbereichen getrennt, sondern interdisziplinär angelegt ist: Breit ausgebildete Notfallmedizinerinnen und -mediziner nehmen die Patientinnen und Patienten in Empfang und ziehen ein Team aus anderen medizinischen Richtungen hinzu. Erklärtes Ziel: Möglichst schnell und verlässlich handeln.

Im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog erklärt Dr. von Arnim, welche Bedeutung die sogenannte Ersteinschätzung hat, was der „Schockraum“ leistet, und wie das Geriatrie-Management älteren Menschen hilft.

Frau Dr. von Arnim, Sie versorgen pro Tag 80 bis 120 Patientinnen und Patienten in Ihrer Notaufnahme. Wie kann man sich den Ablauf hier vorstellen?

Die Patientinnen und Patienten melden sich entweder selbst an unserer Anmeldung an oder werden vom Rettungsdienst in die Zentrale Notaufnahme gebracht, und von diesem bereits vor Eintreffen elektronisch angekündigt. Unsere erste Maßnahme in der Klinik ist dann die sogenannte Ersteinschätzung. Diese legt die Zeit fest, bis wann der erste Arztkontakt erfolgt sein sollte: Das geht von „sofort“ bis zu 120 Minuten – und dient zur Identifizierung von lebensbedrohlichen Erkrankungen und Verletzungen. Hier geht es also darum, die richtigen Fragen zu stellen und wichtige Vitalparameter zu erheben, um potenziell lebensgefährliche Symptome zu erkennen. Grundsätzlich ist also Ziel der Ersteinschätzung, bestmöglich herauszufinden, wie dringend Diagnose und Therapie im speziellen Fall sind.

Wer ist für diese Ersteinschätzung zuständig?

An dieser Schlüsselposition sitzen unsere erfahrensten Fachkräfte, nach entsprechender Schulung. Denn hier sind neben fachlicher Kompetenz sowohl Gespür als auch Erfahrung besonders gefordert. Von der Anmeldung der betroffenen Menschen bis zur Ersteinschätzung, die wir auch als Triage bezeichnen, dürfen nicht mehr als zehn Minuten vergehen. Das erhöht die Patientensicherheit erheblich.

Wenn mehrere Patientinnen und Patienten gleichzeitig warten, wer kommt dann zuerst dran?

Sollte eine Person in Lebensgefahr sein, ist sie natürlich ganz klar in der obersten Dringlichkeits-Kategorie. Wer hingegen mit Beschwerden, die schon seit zwei Wochen bestehen, in die Notaufnahme kommt, muss unter Umständen ein wenig warten. Dieses System ist sinnvoll, denn in vielen Fällen geht es schließlich um Leben oder Tod.

Spielt es im Hinblick auf eine möglichst schnelle Behandlung eine Rolle, ob jemand selbst zur Notaufnahme kommt, oder per Rettungsdienst gebracht wird?

Absolut nicht. Einzig und allein das genannte Beschwerdebild zählt. Wir hier in der Notaufnahme stellen uns immer die Frage: Wie schnell braucht eine bestimmte Person Hilfe?

Was passiert nach der Ersteinschätzung?

Wir entscheiden sofort, ob die Patientin oder der Patient als „überwachungspflichtig“ eingestuft wird und im sogenannten Hochrisikobereich überwacht werden muss. Dort messen Monitore unter anderem permanent Blutdruck, Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz. Zuerst erheben wir die Anamnese: Unser Fachpersonal fragt die Patientin oder den Patienten also, welche Beschwerden sie/er hat und wie lange diese schon bestehen. Im Anschluss konzentrieren wir uns auf die körperliche Untersuchung. Parallel dazu finden bei Bedarf weitere Checks wie Laboruntersuchungen statt. Darüber hinaus bildgebende Diagnostik, also zum Beispiel Röntgen oder Computertomografie. Zudem wird häufig ein EKG (Elektrokardiogramm) geschrieben. Sobald die Befunde eintreffen, wird daraus eine Diagnose abgeleitet, die dann die Grundlage für eine effektive weitere Behandlung darstellt.

Ihre Notaufnahme hat auch einen „Schockraum“. Was passiert da?

Im Schockraum werden die lebensbedrohlichen Erkrankungen behandelt. Er ist größer als die anderen Untersuchungsräume, befindet sich direkt neben der Röntgenabteilung und ist mit aller Technik ausgestattet, die für die Behandlung lebensbedrohlicher Zustände erforderlich ist. Nach telefonischer Anmeldung durch den Rettungsdienst erwartet die Patientin oder den Patienten dort unser komplettes Team, also nicht nur das Fachpersonal der Notaufnahme, sondern bei Bedarf auch Anästhesisten, Unfallchirurgen, Radiologen, Neurologen, oder andere Fachrichtungen. Die Spanne dessen, was wir hier tun können, ist sehr breit.

Wie schnell können Sie in der Regel eine Diagnose stellen?

Manchmal geht das ganz schnell, zum Beispiel bei Herzrasen. In diesem Fällen können wir häufig schon am Monitor oder durch ein einfaches EKG eine Diagnose stellen. In anderen Fällen müssen wir auf aufwendige Ursachensuche gehen und bedienen uns dazu aller möglicher Untersuchungsmethoden. Teils ist zur Klärung der Beschwerden auch die stationäre Aufnahme erforderlich. Die notfallmedizinische Herausforderung besteht darin, die sich oftmals untypisch präsentierenden Krankheitsbilder in Arbeitsdiagnosen zu überführen. Das gestaltet sich insbesondere bei älteren Betroffenen in der Regel nicht so einfach.

Gibt es davon viele bei Ihnen?

Mehr als 33 Prozent unserer Patientinnen und Patienten in der Zentralen Notaufnahme sind über 65 Jahre alt, 24 Prozent über 70, und 15 Prozent über 80. Um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, haben wir eine sogenannte „Alters-Unit” hier in der Notaufnahme eingerichtet.

Was zeichnet diese „Alters-Unit” aus?

Wir machen hier ein Screening, das sogenannte Geriatrische Assessment. Geprüft wird zum Beispiel, wie selbstständig die Person mit Alltagsanforderungen zurecht kommt, ob es Hinweise auf eine Mangelernährung gibt, oder wie es um die Beweglichkeit steht. Diese „Alters-Unit” wird von einem Geriatrie-Manager betreut, der sich neben den medizinischen auch um die sozialen Belange der Patientinnen und Patienten kümmert. Er leistet konkrete praktische Hilfe, kann also zum Beispiel vor Entlassung aus der Notaufnahme einen Pflegedienst zum Verbandswechsel organisieren. Bei der Ausstattung haben wir uns auch Gedanken gemacht. Es gibt hier zum Beispiel einen besonderen, trittsicheren Fußboden, eine eigene, gut erreichbare Toilette, eine insgesamt beruhigende Farbgebung der Räumlichkeiten, viel Tageslicht und verschiedene Erfrischungen. Das alles soll den Aufenthalt möglichst angenehm machen. Wichtig ist uns, die Menschen so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten.

 

 

Ihre Expertin in der Zentralen Notaufnahme:
Dr. Ulrike von Arnim
Chefärztin der Zentralen Notaufnahme am
Gesundheits-Campus Klinikum Frankfurt (Oder)