Schlafapnoe – Wenn Schnarchen krankhaft wird

Schlafapnoe – Wenn Schnarchen krankhaft wird

Geschnarcht wird nicht nur in deutschen Betten viel. Doch wann wird daraus eine medizinisch anerkannte Krankheit, die den Patienten und sein soziales Umfeld belastet? Im Interview spricht Dr. Irmhild Mäder, Leitende Ärztin an der Zentralklinik Bad Berka und Fachärztin für Innere Medizin, über Risikofaktoren, erklärt, was eine Schlafapnoe ist, und erzählt von ihrem Schlaflabor, in dem Schnarchen analysiert wird.

Schnarchen, erzählt Dr. Mäder, sei zunächst einmal ein lautes Atemgeräusch, das durch einen teilweisen Kollaps der Muskulatur im Schlund entstehe. Das sei noch keine Krankheit, sagt die Ärztin für Lungenheilkunde, habe aber bekanntermaßen häufig starke Auswirkungen auf das soziale Leben, meist nämlich auf den Partner, der sich nebenan schlaflos im Bett wälzt und nicht schlafen kann.

Schlafapnoesyndrom

Aus dem harmlosen Schnarchen, das in erster Linie wegen der Geräusche stört, kann sich allerdings eine medizinisch anerkannte Krankheit entwickeln, das Schlafapnoesyndrom. Dies ist gekennzeichnet durch Atempausen oder Atemflussminderungen, kombiniert mit Symptomen wie einem nicht erholsamen Schlaf, Tagesmüdigkeit oder sogar ungewolltem Einschlafen am Tag, morgendlichen Kopfschmerzen, nächtlichen Luftnotbeschwerden oder auch depressiven Zuständen. Es kann aber auch sein, dass der Betroffene selbst gar nicht viel merkt und trotzdem ein behandlungsbedürftiges Schlafapnoesyndrom vorliegt.

Wann also ist das eigene Schnarchen noch im Rahmen, und wann sollte man einen Arzt aufsuchen? Ein klassischer Risikofaktor für das Schlafapnoesyndrom ist zum Beispiel starkes Übergewicht. Auch ein nach hinten stehender Unterkiefer könne ein Risikofaktor sein, vergrößerte Tonsillen oder andere Engen im Nasen-Rachenraum. Zudem der übermäßige Genuss von Alkohol, da dieser Atempausen verlängert und allgemein schlafstörend wirkt.

Verschiedene Stadien unterscheiden

Eine Schlafapnoe, so lautet die Definition, dauert mindestens zehn Sekunden lang. Unterschieden werden von der Medizin die Stadien „leicht“, „mittel“ und „schwer“. Wenn mindestens fünf Atemstillstände pro Stunde auftreten, dann habe der Patient einen „leichtgradigen Befund“, wie Ärzte das nennen. Bei 30 Aussetzern pro Stunde und mehr handele es sich um eine „schwergradige“ Schlafapnoe.

Grundsätzlich, sagt Dr. Irmhild Mäder, seien von dieser häufiger Männer (24 Prozent) als Frauen (9 Prozent) betroffen. Los mit den Problemen gehe es häufig im mittleren Lebensalter, mit zunehmendem Alter steige auch die Wahrscheinlichkeit, betroffen zu sein. Zum Vergleich: Vom normalen Schnarchen sind laut Statistiken etwa 20 bis 46 Prozent der Menschen betroffen, wobei die Dunkelziffer auch hier weitaus höher liegen dürfte, wie Ärzte vermuten.

Schlafprobleme? Hausarzt aufsuchen!

Schlafprobleme, die häufig mit dem Schnarchen zusammenhängen, sollte man zunächst mit dem eigenen Hausarzt besprechen, rät Dr. Irmhild Mäder. Der überweist dann gegebenenfalls zu einem seiner Kollegen, der ein sogenanntes Schlafapnoe-Screening-Gerät hat. Das kann etwa ein Lungen-, ein HNO-Arzt, ein Kardiologe oder ein Internist sein. Diese haben einen speziellen Kurs absolviert, um die Screenings durchführen und auswerten zu können.

Die kleinen Screening-Geräte, die man als Patient mit nach Hause nimmt, messen das Schnarchen, den Atemfluss an der Nase, die Sauerstoff-Sättigung im Blut, die Bewegungen des Brustkorbes und den Puls. Schon hierdurch lässt sich feststellen, ob es sich um reines Schnarchen handelt, oder ob schon eine Schlafapnoe vorliegt, die behandelt werden sollte.

In diesem Fall würde der Arzt den Patienten weiter ins Schlaflabor schicken. Dort wird dieser noch genauer untersucht, als das mit dem Screening-Gerät zuhause, wo die Messung unüberwacht stattfindet, möglich wäre.

Polysomnografie im Schlaflabor

Im Schlaflabor, von dem auch die Zentralklinik Bad Berka, in der Dr. Irmhild Mäder arbeitet, eines hat, besteht nämlich die Möglichkeit der sogenannten Polysomnografie. Zu dieser umfangreichen Untersuchung des Schlafes würden eine Menge von Kabeln gehören, an die der Patient angeschlossen werde, erzählt Dr. Mäder. Sie, ihre Kollegen und qualifiziertes Pflegepersonal überwachen hier etwa Schlafstadien von Patienten, Beinbewegungen, Sauerstoffsättigung, Schnarchen, EKG, Fluss an Nase und Mund sowie Bewegungen von Brustkorb und Bauch.

Schlaflabor Bad Berka
Schlaflabor der Zentralklinik Bad Berka

Anhand der erhobenen Daten können die Ärzte feststellen, ob das Schnarchen im konkreten Fall bereits Anzeichen einer Krankheit aufweist, und falls ja, können sie den genauen Schweregrad dieser bestimmen – und festlegen, wie die anschließende Therapie sinnvollerweise auszusehen hat.

Dr. Irmhild Mäder erzählt, dass das Schlaflabor in Bad Berka schon seit 1996 von der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin akkreditiert sei, auch am Wochenende arbeite und insgesamt 15 Polysomnografiebetten habe.

Atemgerät für den Patienten

Grundsätzlich gebe es bei der Behandlung der Schlafapnoe eine Art „Goldstandard“, erzählt die Ärztin. Der Patient setze ein Atemgerät in Form einer Maske auf, die entweder nur Nase oder Nase und Mund bedecke. Das Atemgerät sei ein kleiner Kompressor, der Druck liefere. Im Schlaflabor lasse sich über Fernsteuerungen derjenige spezielle Druck suchen und finden, der den Rachen dazu bringe, sich wieder zu öffnen. Es handele sich hier also um eine rein mechanische Therapie, eine Art „Luftbrücke“, wie die Ärztin das nennt.

„Haben wir das erfolgreich geschafft, merken wir im Labor, dass der Schlaf des Patienten ruhiger und gesünder wird, weil wir die ganzen Atemstillstände wegdrücken, wenn man so will“, erzählt sie. Leider nur habe diese Art der Behandlung keinen bleibenden Effekt, sagt Irmhild Mäder. Aber auch wenn es sich „nur“ um eine symptomatische Therapie handele, sei sie für viele Patienten ein echter Segen, weiß sie aus Erfahrung. Sollten diese es schaffen, ihr Körpergewicht zu reduzieren, könne in einigen Fällen nach gewisser Zeit wieder auf die Maske verzichtet werden. Aber das sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich.

Zunächst Nacht-Untersuchung

Grundsätzlich, sagt Dr. Mäder, finde im Schlaflabor zunächst eine Nacht-Untersuchung statt. Um einen Verdacht eindeutig auszuschließen, brauche man allerdings zwei Nächte. Denn mit den vielen fremden Kabeln in der Umgebung zu schlafen, das sei für viele Patienten zunächst einmal gewöhnungsbedürftig und könnte in der ersten Nacht Ergebnisse verfälschen.

Was viele nicht wissen: Es gehören auch Untersuchungen am Tag dazu, um die Hinweise auf Einschlafneigung am Tag und Störungen der Vigilanz und Aufmerksamkeit finden. Dies betrifft auch solche Personen, die in Risikoberufen arbeiten, wie Kraftfahrer. Schließlich geht es auch um die Fahrtauglichkeit. Gewöhnlich, heißt es, würden krankhafte Tagesbefunde in ein paar Wochen wiederholt, um den Effekt der Therapie zu erkennen.

„Die letztendliche Gerätetherapie, die aus der Untersuchung im Schlaflabor abgeleitet wird, muss immer im Schlaflabor eingeleitet werden“, sagt Dr. Irmhild Mäder. Und damit die Krankenkasse die Kosten übernehme, brauche der Patient zunächst eine verlässliche ärztliche Diagnose und den Nachweis des Therapieeffektes.

Schnarcht ein Patient, ohne dass eine Krankheit diagnostiziert wurde, kann er natürlich selbst Schritte unternehmen, um sein Problem in den Griff zu bekommen: „Diese Therapiemöglichkeiten muss der Patient allerdings häufig selbst bezahlen“, sagt Irmhild Mäder. Zum Beispiel gebe es hier Mini-Operationen mit Radiofrequenz, bei der der Rachen oder die Nase geweitet werde.

Faustregel: Zunächst Arzt aufsuchen!

Grundsätzlich, sagt die Ärztin, sei wichtig, dass der Patient mit seinen Beschwerden zunächst einen Arzt aufsuche und abklären lasse, ob es sich um Schnarchen oder bereits Schlafapnoe handelt. „Erst dann können Ärzte sinnvolle Konzepte entwickeln, die dem Patienten nachhaltig helfen“, sagt Dr. Irmhild Mäder. Eine Alternativtherapie bei Vorliegen eines leicht bis mittelgradigen Schlafapnoesyndroms kann etwa eine sogenannte Unterkieferprotrusionsschiene sein, die vom Zahnarzt initiiert wird.

Wichtig ist Dr. Mäder, darauf hinzuweisen, dass es neben dem Schlafapnoesyndrom noch „eine Menge“ anderer schlafbezogenen Störungen gebe, manche von ihnen atmungsassoziiert und manche unabhängig von der Atmung. Diese können ebenfalls im Schlaflabor diagnostiziert werden.

Dr. Irmhild Mäder

Ihre Expertin bei Schlafproblemen:
Dr. Irmhild Mäder
Leitende Ärztin der Abteilung Interventionelle Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin an der Zentralklinik Bad Berka und Fachärztin für Innere Medizin (Subspezialisierung Pneumologie, Zusatzbezeichnung Schlafmedizin)