Cholesterin – Wann es zum Problem wird

Cholesterin – Wann es zum Problem wird

Hohe Cholesterinwerte sind in vielen Fällen verantwortlich für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schädlich ist vor allem eine zu hohe Konzentration des LDL-Cholesterins. Werden die Werte nicht gesenkt, erhöht sich das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Niedrige Werte hingegen können Herz und Gefäße schützen, was auch zahlreiche Studien belegt haben.

Mit der Materie seit Jahren befasst ist die Oberärztin Dr. Bilgen Kurt. Sie ist Leiterin des Kompetenzzentrum für Lipidstoffwechselstörungen am Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg, das seit 2019 bei der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (DGFF) als eines von wenigen Zentren zertifiziert ist.

Sie und Ihre Kolleg:innen verfügen über eine spezielle Expertise im Bereich seltener Lipidstoffwechselstörungen und arbeiten diesbezüglich eng mit dem Marburger Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen (ZusE) zusammen. Das Forschungslabor des Zentrums bietet außerdem eine umfangreiche molekularbiologische Diagnostik zur Abklärung von Lipidstoffwechselerkrankungen an.

Im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog spricht Dr. Kurt über die Bedeutung von Cholesterin für unseren Körper, wichtige Grenzwerte und sinnvolle Behandlungsmöglichkeiten.

Frau Dr. Kurt, was ist Cholesterin überhaupt?

Cholesterin gehört zu den für uns lebensnotwendigen Nahrungsfetten und gelangt über die Nahrung in unseren Körper. Es dient als Baustein für die Bildung von Hormonen, also zum Beispiel für Östrogen und Testosteron, Gallensäuren und Vitamin D. Zudem ist es Bestandteil der Zellmembranen unserer Körperzellen.

Zu hören ist auch immer wieder vom LDL-Cholesterin. Was genau ist das?

„LDL“ steht für „Low-Density-Lipoprotein“, also „Lipoprotein mit niedriger Dichte“. Weil Cholesterin aufgrund seiner fettähnlichen Struktur nicht wasserlöslich ist und somit nicht im Blut transportiert werden kann, benötigt es solche speziellen Transportproteine, also Lipoproteine, um zu den Zellen zu gelangen. Am bekanntesten sind das LDL-Cholesterin und das HDL-Cholesterin.

Wann wird Cholesterin für unseren Körper zum Problem?

Wenn zu viel an der falschen Stelle ist. Ist also eine zu große Menge LDL-Cholesterin vorhanden, gelangt es aus dem Blut in die Gefäßwand. Dort verursacht es Gefäßverkalkungen, die gefürchtete Arteriosklerose. Je mehr Ablagerungen, also Plaques sich an den Gefäßwänden bilden, desto stärker verengen diese sich. Dadurch steigt das Risiko, dass sich Gefäße im Herzen und Gehirn verschließen und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen.

Ab welchem Cholesterinwert muss man sich Sorgen machen? Gibt es da konkrete Anhaltspunkte?

Wie hoch der LDL-Cholesterin-Wert sein darf, hängt vom individuellen Gesamtrisiko für das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Für Personen, die keine weiteren Risikofaktoren aufweisen, gelten folgende Grenzwerte: Gesamtcholesterin: über 200 mg/dl, LDL-Cholesterin: über 116 mg/dl. Generell gilt laut Leitlinien:  Je mehr Risikofaktoren für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen vorhanden sind, desto niedriger sollten die LDL-Cholesterinwerte sein.

Was gilt denn als Risikofaktor?

Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes, genetische Disposition, und auch das Lebensalter.

Was ist zu tun, wenn die Cholesterinwerte zu hoch sind?

Sinnvoll ist in vielen Fällen eine Ernährungsumstellung, gekoppelt mit einer professionellen Ernährungsberatung. Dabei geht es vor allem darum, die unterschiedlichen Arten von Fetten im Blick zu behalten und so das LDL-Cholesterin im Blut zu verringern. Medikamentös ist die Behandlung mit sogenannten Statinen gut erprobter Standard. Diese Arzneimittel hemmen die körpereigene Cholesterinbildung. Durch eine solche Behandlung wird dem Blut also LDL-Cholesterin entzogen, was zu einer Senkung des LDL-Cholesterinspiegels führt. Und das wiederum reduziert die Gefahr der Entstehung einer Arteriosklerose. Wird der medizinisch für sinnvoll erachtete LDL-Cholesterin-Zielwert mit Statinen allein nicht erreicht, bietet sich eine kombinierte Behandlung mit Statinen und anderen Blutfett senkenden Medikamenten an.

Wirken diese Medikamente verlässlich?

Ja, die Wirkung von Statinen hinsichtlich der Senkung des LDL-Cholesterinspiegels ist in großen global angelegten Studien bewiesen worden.

Wie kann man hohem Cholesterin grundsätzlich vorbeugen?

Erster, wesentlicher Schritt ist eine Veränderung des individuellen Lebensstils. Hierzu zählt vor allem eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die möglichst fettarm ist. Zudem rate ich zu ausreichender körperlicher Aktivität, also zum Beispiel Nordic Walking, Schwimmen, oder Radfahren. Bei Übergewicht oder Fettsucht (Adipositas) ist eine Gewichtsreduktion unabdingbar. Zudem rate ich Raucher:innen dringend zum Verzicht. Und auch Alkohol sollte so wenig wie möglich getrunken werden.

 

Ihre Expertin für Fettstoffwechselstörungen:
Oberärztin Dr. Bilgen Kurt
Leiterin des Kompetenzzentrum für Lipidstoffwechselstörungen am Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg