Einen Angehörigen zuhause pflegen – für viele Menschen ist das Alltag. Und oftmals eine echte Herausforderung, physisch wie psychisch. Um all jene, die anderen so engagiert helfen, gezielt zu unterstützen, gibt es am Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg einen speziellen Kurs für pflegende Angehörige.
Geleitet wird er von Marjan Van Santvliet, deren Hauptaufgabe in der Klinik das Entlassmanagement auf der Palliativstation ist: „Wenn Menschen aus dem Krankenhaus nach Hause, in ein Pflegeheim oder ein Hospiz gehen und Hilfe brauchen, zum Beispiel beim Ausfüllen von Anträgen, dann kann ich helfen“, sagt sie im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog. Und weil sie hier ganz direkt an der Schnittstelle zwischen Patient:innen und deren Angehörigen arbeitet, kam ihr irgendwann dann die Idee, auch all die pflegenden Menschen zu adressieren, die oft vergessen werden: „Ohne verantwortungsvolle Angehörige funktioniert die häusliche Pflege schlichtweg nicht“, sagt Van Santvliet, „und durch den demografischen Wandel wird es in Zukunft wohl auch immer mehr Menschen geben, die gepflegt werden müssen“.
Das lernen die Teilnehmenden
Thematisch hat Van Santvliet den Kurs breit aufgestellt: Neben dem Themen Körperpflege, Mobilisation, richtige Ernährung und bestmögliche Aufklärung über mögliche Folgeerkrankungen nennt sich ein wesentlicher Themenbereich „Übungen am Patientenbett“. Hier geht es zum Beispiel um die Körperpflege des Angehörigen zuhause, oder um das Wechseln von Bettwäsche, wenn die kranke Person nicht aufstehen kann.
„Unter anderem lernen die Teilnehmenden hier auch, wie man am besten rückenschonend arbeitet, also ohne sich selbst körperlich zu sehr zu belasten“, sagt die Expertin: „Manchmal lade ich die Angehörigen auch ein, sich doch selbst einmal ins Bett zu legen. Damit sie merken, wie sich die zu pflegende Person fühlt. Da geht es mir um Selbsterfahrung, das ist sehr wichtig!“
Auch wichtige Informationen zum Thema Pflegeversicherung vermittelt der Kurs von Marjan Van Santvliet: Hier geht es zum Beispiel darum, den Teilnehmenden aufzuzeigen, auf welche Leistungen die zu pflegende Person Anspruch hat und welche Hilfsmittel von Seiten der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden können. Das nämlich ist immer vom jeweiligen sogenannten Pflegegrad abhängig.
Angebot viermal pro Jahr
Aktuell bietet die Klinik den Kurs vier Mal im Jahr an, wobei das Programm insgesamt drei mal vier Stunden dauert, auf drei Tage verteilt. „Im Gegensatz zu Onlineseminaren ist die Präsenz der Teilnehmenden ein wesentlicher Vorteil“, sagt die Kursleiterin, „gerade weil sie hier direkt miteinander sprechen können, und merken, dass sie mit ihrer schwierigen Situation nicht alleine sind“.
Die Teilnehmenden sind über alle Altersklassen verteilt, erzählt Marjan Van Santvliet. Manche unter ihnen pflegen ihren Ehepartner, andere ihre Eltern. Und viele sind berufstätig, was eine Doppelbelastung der Menschen bedeutet. „Deswegen zeigen wir im Kurs auch Entlastungsmöglichkeiten auf, die den Menschen helfen sollen, auch für sich selbst zu sorgen und genug Auszeiten zu nehmen. Hin und wieder einmal eine Kurzzeitpflege zu verpflichten, um selbst einmal Urlaub nehmen zu können, ist auf jeden Fall ratsam“, sagt sie.
Mit den Rückmeldungen auf ihren Kurs ist Marjan Van Santvliet sehr zufrieden: „Es ist schön, wenn Menschen mir sagen, dass ich ihnen helfen konnte. Und es freut mich auch, wenn ich sehe, dass die Teilnehmenden sich untereinander vernetzen. Gemeinsam ist alles zumindest ein bisschen einfacher, gerade auch in der Pflege.“
Ihre Expertin für Pflegekurse für Angehörige:
Marjan Van Santvliet
Universitätsklinikum Gießen und Marburg am Standort Marburg