Arteriosklerose: Rauchen ist der größte Risikofaktor

Arteriosklerose: Rauchen ist der größte Risikofaktor

In Deutschland erleiden jährlich knapp 270.000 Menschen einen Schlaganfall, an dem jeder Fünfte innerhalb von vier Wochen stirbt. Grund dafür ist meistens eine langfristige Schädigung der Blutgefäße, die man Arteriosklerose nennt. Bei dieser Gefäßverkalkung lagern sich Cholesterin und andere Fette in der inneren Wandschicht arterieller Blutgefäße, vorzugsweise an den Herzkranzgefäßen, der Halsschlagader, der Bauchschlagader und den großen Beinarterien an.

Diese Einlagerungen, die auch Plaques genannt werden, können die Blutgefäße so sehr verengen, dass die Sauerstoffversorgung der betroffenen Organe beeinträchtigt wird. Auch können sich Blutgerinnsel bilden, die die Gefäße verschließen – mit lebensgefährlichen Folgen.

„Eine Arteriosklerose entwickelt sich langsam und schreitet über mehrere Jahre hinweg voran“, erklärt Dr. Thomas Kohl, Chefarzt der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie an der Zentralklinik Bad Berka.

Symptome, so der Spezialist, zeigen sich häufig erst nach Jahren oder Jahrzehnten. Die Folgen der Gefäßkrankheit dürfen deshalb keineswegs unterschätzt werden.

Folgeerkrankungen werden nach dem Ort ihres Auftretens charakterisiert: Beim Schlaganfall zum Beispiel geht es um den Kopf, bei der koronaren Herzerkrankung sind die Blutgefäße des Herzens betroffen, bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit die Beine.

Wie man der Arteriosklerose am besten vorbeugt – und wie man sie effektiv behandelt, erklärt Dr. Thomas Kohl im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog.

Herr Dr. Kohl, was sind die klassischen Symptome, die auf Arteriosklerose hindeuten?

Normalerweise sprechen wir von einer sogenannten Einschränkung der schmerzfreien Gehstrecke. Die Patienten können längere Wege nicht beschwerdefrei gehen. Dabei unterscheiden wir unterschiedliche Stadien.

Wenn die Patienten zum Beispiel noch mindestens 500 Meter am Stück gehen können, ist die Durchblutungsstörung noch weniger stark ausgeprägt. Schaffen sie keine 200 Meter mehr, sollte behandelt werden. Von höhergradigen Durchblutungsstörungen sprechen wir, wenn die Patienten, die bereits nur kurze Strecken gehen können, abends beim Fernsehen liegen und die Beine wehtun und kalt werden, oder wenn Taubheitsgefühle auftreten.

Wer ist besonders gefährdet, an Arteriosklerose zu erkranken?

Risikofaktoren für Arteriosklerose sind zum Beispiel die Zuckererkrankung Diabetes mellitus. Hier sollte man versuchen, durch eine Behandlung mit Insulin oder Tabletten den Zuckerspiegel in normale Bereiche zurückzuführen. Auch Fettstoffwechselerkrankungen wie Gicht sind ein klassischer Risikofaktor für die Entstehung von Durchblutungsstörungen. Am allerwichtigsten ist es, mit dem Rauchen aufzuhören – oder, im Idealfall, erst gar nicht erst damit anzufangen. Denn Rauchen ist wirklich der größte Risikofaktor.

Männer erkranken deutlich häufiger als Frauen. Bei Arteriosklerose sprechen wir allgemein von einer Erkrankung des höheren Alters. Drei bis zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind von der Erkrankung betroffen, im Alter von über 70 Jahren sind es schon um die 20 Prozent.

Wie entsteht die Erkrankung?

Einfach ausgedrückt geht es um eine Verengung der Gefäße durch die Einlagerung von Fetten in die Gefäßwandschichten. Kalksubstanzen lagern sich später in den Gefäßwänden ab. Dadurch wird die Gefäßinnenwand geschädigt. Dort lagern sich Blutplättchen ab, die für die Blutgerinnung zuständig sind und die quasi versuchen, diesen Defekt an der Gefäßinnenwand zu reparieren. Wenn das nur unzureichend passiert, kommt es in diesem Bereich zu einer Schwellung. In diese Region wandern Fettzellen ein, und, wie bei jeder Entzündung, bildet sich irgendwann eine Narbe. Weil irgendwann kein Sauerstoff mehr an diese Narbe herankommt, sterben dort Zellen ab. In diesen abgestorbenen Bereichen lagern sich Kalksalze ab. Deswegen spricht man bei der Arteriosklerose ja auch von Gefäßverkalkung. Und diese führt dann langsam, aber sicher zur Einengung in diesem Bereich. Die Elastizität der Gefäße nimmt in der Folge ab und ihr Durchmesser wird kleiner.

Kann man die Arteriosklerose medizinisch denn prinzipiell gut in den Griff bekommen?

Rückgängig machen lassen sich die Schädigungen leider nicht. Aber man kann natürlich reparieren. Genauso wie man einen platten Fahrradreifen kleben kann. Der Reifen bleibt aber der gleiche. Durch die Vielzahl der heute möglichen Behandlungsmethoden können wir die Erkrankung allerdings gut in den Griff bekommen. Wichtig ist, dass der Patient möglichst frühzeitig behandelt wird. Dann sind wir in der Lage, Eingriffe wie eine Beinamputation zu vermeiden.

Was sind die Behandlungsoptionen?

Die entstandenen Engstellen wieder aufweiten, zum Beispiel mit einem Ballonkatheter. Bei längeren Engstellen kommt man allerdings oft um eine Bypass-Operation nicht herum. Die lässt sich am Herzen, aber auch an den Beinen machen. Wenn es sich um ein Frühstadium handelt, also wenn die Durchblutungsstörungen noch nicht so ausgeprägt sind, kann man durch die Einnahme von Tabletten wie Blutplättchen-Hemmer schon einiges erreichen. Zudem versuchen wir dann, den Blutdruck als erheblichen Risikofaktor für die Entstehung von Durchblutungsstörungen in den Griff zu bekommen. Auch bei Fettstoffwechselstörungen ist schnelles Handeln gefragt, also der Einsatz von Fettsenkern. Grund ist, dass die eingelagerten Fette bei der Entstehung von Arteriosklerose eine große Rolle spielen.

Was passiert bei der Diagnosestellung?

Zunächst untersuchen wir ausführlich, wie ausgeprägt die Durchblutungsstörung ist. Das funktioniert zum Beispiel anhand einer Ultraschalluntersuchung. Man misst den Blutdruck an Bein und Arm und setzt die beiden Werte in Relation. Bei der sogenannten Duplexsonografie können wir die Gefäße sehen, vermessen und die Geschwindigkeit des Blutstromes in den Gefäßen berechnen, welche Rückschlüsse auf den Grad der Gefäßveränderungen zuläßt. Computertomografie oder MRT-Untersuchung dienen dazu, Gefäße gut darzustellen und Unregelmäßigkeiten zu erkennen.

Welche Rolle spielen Medikamente hinsichtlich der Behandlung?

Oftmals versucht man, die Erkrankung mit konservativen Mitteln wie Medikamenten und gefäßerweiternden Infusionen in den Griff zu bekommen. Hilft das nichts, geht es im nächsten Schritt um interventionelle Maßnahmen, wie zum Beispiel die Stent-Implantation. Ziel ist hier, Engstellen aufzudehnen, damit das Blut wieder einfließen kann. Wenn das nicht funktioniert, können Gefäßchirurgen operieren.

Um welche Art von Operation geht es da?

Häufig um eine Bypass-Operation. Hier werden verschlossene Teile umgangen, indem man noch gut durchblutete Regionen verbindet. So kann das Blut wieder ungehindert fließen.

Wie sieht es mit regelmäßigen Check-ups zur Früherkennung der Erkrankung aus? Würden Sie die empfehlen?

Prophylaxe ist grundsätzlich sehr wichtig. Hier geht es in erster Linie darum, dass von der Arteriosklerose betroffene Patienten aufhören zu rauchen. Zudem sollten sie sich regelmäßig den Blutdruck messen lassen. Denn eine Blutdruckerhöhung geht bekanntermaßen nicht mit Schmerzen einher und ist deshalb tückisch. Im Falle erhöhter Werte sollte medizinisch eingegriffen werden. Zudem gilt es, Fettstoffwechselstörungen auszuschließen. Grundsätzlich gilt: Je früher die Behandlungsmaßnahmen einsetzen, desto weiter kann man eine Bypass-Operation hinauszögern. Anhand eines Belastungs-EKG auf einem Fahrrad können zudem Durchblutungsstörungen am Herzen ausgeschlossen werden. Unter Belastung prüfen wir dann, ob Sauerstoffmangel im Herzen auftritt. Einen Belastungstest für die Beine führen wir auf einem Laufband aus.

Was zahlt die Krankenkasse?

Die Krankenkassen bieten verschiedene Screenings an, die sie auch bezahlen, so zum Beispiel das Screenings-Verfahren auf Aneurysmen, also zum Beispiel Gefäßaussackungen der großen Körperschlagader. Das funktioniert anhand von Ultraschall und wird ab einem Alter von 50 Jahren von der Kasse übernommen. Überprüft werden sollten immer besonders die Gefäßregionen am Bein, an den Halsschlagadern und rund um das Herz.

Kann man der Arteriosklerose denn vorbeugen?

Grundsätzlich sollte man sich ausreichend bewegen und sich gesund ernähren. Vitamin-, eiweiß- und balaststoffreich sollte die Ernährung sein, und, allgemein gesprochen, abwechslungsreich. Allzu fette Produkte gilt es zu vermeiden.

Die Blutfettwerte sollten auch regelmäßig überprüft werden. Wenn sie zu hoch sind, können sie zu Durchblutungsstörungen führen.

 

Ihr Experte für Arteriosklerose:


Dr. Thomas Kohl
Chefarzt der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie an der Zentralklinik Bad Berka